Ein globales Team, Kreativität und Freiräume bei der Arbeit: EMOTION im Interview mit Adrienne Gormley von Dropbox.
Adrienne treffe ich im Dropbox-Office in Hamburg. Das Büro liegt in einem ziemlich hippen Coworking-Space in der Innenstadt mit Blick auf die Alster. Es gibt Telefonzellen, Wasser mit Früchten und frisch gerösteten Kaffee. Das Interview führen wir in einem gemütlichen Raum mit bunten Sofas auf Deutsch.
EMOTION: Adrienne, Sie sind Head of EMEA (Europe, Middle East, Africa) und Vice President of Global Customer Experience bei Dropbox. Ihr Team ist um den ganzen Globus verteilt. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Adrienne Gormley: Mein Team für Customer Experience arbeitet in Sydney, San Francisco, Dublin und Austin. Dropbox EMEA hat Offices in Hamburg, Paris, London und Tel Aviv. Ich bin ein großer Fan von Kommunikation. Die darf nicht nur über das Telefon stattfinden. Einmal im Jahr treffen wir uns alle im Dropbox Headquarter und verbringen Zeit miteinander. Ansonsten haben wir wöchentliche Video Calls, regelmäßige Team Offsites oder wir treffen uns zu firmenweiten Events. Wir stehen in engem Kontakt, auch wenn wir uns räumlich nicht so nah sind.
Wie gehen Sie damit um, dass Ihr Team in verschiedenen Zeitzonen arbeitet?
Dadurch sind wir als globales Team immer "on", 24 Stunden am Tag. Wir arbeiten gemeinsam an einer Sache, dann gehe ich schlafen und die anderen arbeiten weiter. Wenn ich aufstehe, dann ist es vielleicht schon erledigt. Irgendeines meiner Teams ist immer bei der Arbeit. Tools wie Dropbox Paper erleichtern die Zusammenarbeit ungemein.
Wofür stehen Sie als Führungskraft?
Ich versuche, mein Team darin zu bestärken, Probleme selbst zu lösen und nicht nach meiner Anweisung zu arbeiten. Auch das Wohlbefinden meines Teams ist mir wichtig. Sie müssen nicht rund um die Uhr "on" sein. Ich versuche, Vorbild zu sein: Ich lasse meinen Laptop auch mal im Büro und arbeite am Wochenende nicht. Wenn ich abends Calls mit dem Dropbox-Headquarter in San Francisco habe, dann schaffe ich einen Ausgleich, indem ich am nächsten Morgen später ins Büro komme. Viele streben an stets eine “Inbox Zero” zu haben. Das sorgt aber aus meiner Erfahrung dafür, dass wir verlernen abzuschalten. Um Aufgaben zu bewältigen, die kreativer komplexerer Natur sind, braucht es aber Ruhe. Mein Team und ich nehmen uns deshalb bewusst Zeit zum Denken. Dann müssen auch nicht immer alle E-Mails sofort beantwortet sein.
Sie bauen sehr auf Vielfalt in Teams...
Das stimmt. Vielfalt macht Teams definitiv kreativer. Menschen mit verschiedenen Backgrounds und ganz unterschiedlichen Erfahrungen am Tisch sitzen zu haben, ist wichtig. Um bessere Lösungen zu finden, brauchen wir tiefgehende Diskussionen mit unterschiedlichen Leuten. Und ob Japan, Hamburg oder San Francisco - die Perspektiven von Mitarbeitern rund um den Globus sind sehr inspirierend.
Unsere größten Fehler sind unsere "best lessons".
Adrienne Gormley, Head of EMEA & VP Global Customer Experience bei DropboxTweet
Was braucht es noch, um Teams kreativer zu machen?
Kreativität sollte viel alltäglicher sein. Viele Leute sagen von sich selbst, sie seien nicht kreativ. Ich finde, das stimmt nicht. Jeder, der ein Problem löst, ist für mich kreativ. Wenn wir einen Kunden mit einem Problem haben, dann brainstormen wir gemeinsam im Team. Wir setzen auf Online-Tools, als Teammitglied braucht man außerdem "psychological spaces".
Was meinen Sie damit?
Ich höre öfter: "Wir dürfen das nicht machen". Ich denke dann immer: Wer sagt das? Menschen regulieren sich immer zu schnell selbst. Mitarbeiter müssen das Gefühl haben, dass Freiräume da sind. Dass es ist okay ist, wenn etwas schief geht. Das ist sogar notwendig. Man lernt daraus und macht es beim nächsten Mal anders. Unsere größten Fehler sind unsere "best lessons". Um etwas neues zu erreichen, muss man eben ins kalte Wasser springen. Da ist immer auch ein bisschen Angst dabei.
Wie wichtig ist die Arbeitsumgebung, um kreativ arbeiten zu können?
Früher dachte ich, ein Büro ist ein Büro, ist mir egal, wo ich arbeite. Bei Dropbox ist die Arbeitsumgebung sehr wichtig. Und ich sehe, dass Leute einander schneller kennenlernen, weil wir Plätze wie dieses Büro haben (Anm. d. Red.: wir sitzen in einem gemütlichen Raum mit Sofas, Pflanzen und einem Couchtisch). Man hat aber auch die Möglichkeit, in ein kleines Büro zu wechseln, um dort zwei Stunden alleine zu arbeiten. Ob Team- oder Einzelarbeit, hier findet man den richtigen Platz dafür.
Gibt es im Dropbox-Office in Dublin tatsächlich einen Musikraum?
Ja, stimmt! Den nutzen einige Kollegen häufig. Wenn man fokussiert an etwas arbeitet, ist es sehr hilfreich, immer wieder Pausen zu machen und etwas ganz anderes zu tun, etwa Gitarre zu spielen. Ich beherrsche kein Instrument, deshalb gehe ich lieber Joggen. Beim Laufen kann ich einfach gut denken und abschalten.
Was bietet Dropbox als Arbeitgeber sonst noch an?
Wir machen einmal im Jahr eine Hack Week. Das kommt eigentlich aus der Softwareentwicklung. Bei Dropbox machen aber alle mit. In der Hack Week arbeiten wir an Projekten, die mit unserem normalen Job nichts zu tun haben. Es geht darum, sich ohne Druck kreativ auszuprobieren. In Dublin haben wir etwa eine Wand aus Legosteinen gemeinsam kreiert. In San Francisco haben wir ein Boot gebaut, das wurde dann im Bay zu Wasser gelassen. Toll ist: Man lernt Kollegen kennen, mit denen man normalerweise nichts zu tun hat. Solche Verbindungen aufzubauen ist sehr wichtig.
Wie wichtig ist Netzwerken im Job?
Früher habe ich das nicht genug getan. Ich war zwar gut bei der Arbeit, habe aber gemerkt, dass ich noch nicht genug in "networking" investiert habe. Dabei ist ein gutes Netzwerk sehr hilfreich und wichtig, weshalb ich angefangen habe, mir eines aufzubauen. Bei Google habe ich ein Women's Network geleitet, heute ich mich bei "Going for Growth", einer NGO, die Unternehmerinnen unterstützt und begleitet. Ich helfe Frauen, in dem ich sie als Mentorin unterstütze. Das ist mein "passion project".
Welche Tipps haben Sie für Frauen, die ihre Karriere gerade starten?
Wenn ich an meinen eigenen Weg denke, gab es viele Gelegenheiten, die ich nicht wahrgenommen habe. Ich habe oft die Risiken gesehen oder war zu sehr mit den Herausforderungen als junge Mutter beschäftigt. Man sollte den Kopf hochhalten und das Motto "Think bigger" nicht vergessen: In größeren Dimensionen denken, bringt einen nach vorne. Was außerdem sehr hilft, ist Unterstützung in Form eines Mentors oder einer Mentorin.