Désirée Nosbusch ist eine spannende Frau, die das Leben offensiv angeht. Wir trafen sie zum Interview über ihr großes Comeback und die Liebe.
Désirée Nosbusch – besser denn je!
Désirée Nosbusch hat sich etwas Mädchenhaftes bewahrt. Als sie sich nach dem Shooting im Studio zum Gespräch auf das Ledersofa fallen lässt, zieht sie das linke Bein unter sich und macht es sich bequem. Man kann sich gut vorstellen, mit ihr einen entspannten Tag unter Freundinnen zu verbringen. Die 54-Jährige ist nahbar, offen und ehrlich – und jederzeit bereit, ihr ansteckendes Lachen zu lachen.
EMOTION: Was war das Verrückteste, was Sie zuletzt gemacht haben?
Désirée Nosbusch: Heiraten. Ich hätte nie gedacht, dass ich das noch mal wage. Oder überhaupt noch mal jemanden finde. Ich hatte das Gefühl: Désirée, du kannst auch sehr gut allein leben. Und erst recht zwängst du dich nicht mehr in ein weißes Kleid.
Aber dann hat’s nach 30 Jahren Freundschaft zwischen Ihnen und dem Kameramann Tom Bierbaumer plötzlich gefunkt. Wie kam’s dazu?
Als ich für VOX "The Story of my Life" präsentiert habe, las er ein Interview mit mir unter der Überschrift: "Ich würde mich gerne noch mal verlieben!" Über Messenger nahm er Kontakt zu mir auf: "Ach, du bist Single?“ Und später: "Wenn du in Berlin bist, können wir ja mal essen gehen." Das haben wir dann auch getan. Als die Tür aufging und Tom ins Restaurant kam, durchzuckte mich der Gedanke: Ey, das ist er doch, der Mann, auf den du gewartet hast ...
Keine sechs Monate später waren Sie miteinander verheiratet.
Tom hat mir gestanden, dass er mich schon viele Jahre sehr mochte, ich aber nicht frei war. Und ich dachte: Jetzt sind wir so alt, was sollen wir lange rumhampeln? Vollgas voraus! Bei uns gibt’s kein Drama, keine Spielchen, unsere Beziehung ist unaufgeregt schön, friedlich, ein inneres Angekommensein. Ich brauche keine Reibung, um mich lebendig zu fühlen.
Was macht Ihren Mann aus?
Der ist gerade! Und ein sehr guter Zuhörer. Uns geht der Gesprächsstoff nie aus, wir lachen viel. Früher haben wir oft zusammengearbeitet. Wenn ich moderiert habe und er die Steadicam-Kamera gemacht hat, waren wir super auf- einander eingespielt – das war wie ein Tanz. Zwischen uns gibt es keine Konkurrenz. Tom ist mein erster Partner, der mich genauso lieben würde, wenn ich bei Penny an der Kasse säße. Meine Prominenz macht mich nicht für ihn aus. Und unser Glück hängt nicht davon ab, dass wir erfolgreich sind.
Bei der Zeremonie hat mich meine Mutter gefragt: "Du arbeitest jetzt seit 40 Jahren, wann kommst du denn mal zur Ruhe?" Aber ich habe nicht einen Tag lang das Gefühl gehabt, zur Arbeit zu gehen, wenn ich drehe. Das gibt mir positive Energie, hält mich wach und mitten im Leben. In den letzten beiden Jahren habe ich wahnsinnig viel gearbeitet, da ich so schöne Projekte machen durfte. Mir ist es wichtig, mich nicht zu wiederholen, nicht stehen zu bleiben.
Die drehen gerade neue Folgen für die ARD-Reihe "Der Irland-Krimi". Vorher waren Sie lange von der Bildfläche verschwunden, bevor Sie mit der Serie „Bad Banks“ ein furioses Comeback gefeiert haben. Wieso haben Sie sich so rar gemacht?
Weil ich nicht die richtigen Rollen bekam! In meiner Schauspielkarriere war ich lange sehr verwöhnt und fand es normal, dass immer wieder Drehbücher hereingeflattert kamen. Aber dann blieben die spannenden Angebote aus. Fünf Jahre lang! Also habe ich an mir gearbeitet, Theater gespielt, mir einen Coach genommen. Das hat mir Tiefe und Ruhe gegeben. Unsere Vorbereitung geht jetzt so weit, dass wir eine Familienaufstellung für jede Rolle machen ... Gerade habe ich das Gefühl, dafür belohnt zu werden, dass ich meine Hausaufgaben erledigt habe.
Hinfallen darf man, aber liegen bleiben ist scheiße!
Desirée NosbuschTweet
Wie wichtig ist es Ihnen, jugendlich zu wirken?
Wenn ich joggen gehe, dann eher für den Kopf als für den Körper. Ich mache nicht jeden Tag Sport, dafür bin ich nicht eitel oder nicht konsequent genug. Eben beim Shooting habe ich mich aber geärgert: Hätte ich nicht eine Woche vorher eine Diät machen können? Dieses Bäuchlein hier hatte ich früher nie. Doch inzwischen muss ich wohl akzeptieren, dass es zu mir gehört.
Wie schwer ist es für jemanden, der wie Sie im Showbusiness ist, quasi unter den Augen der Öffentlichkeit zu altern?
Nicht einfach. Ich spreche mich nicht davon frei, dass auch ich schon den Gedanken hatte, ob ich was im Gesicht machen lassen soll. Aber als Frau musst du dich entscheiden: Willst du in Würde altern? Oder deiner Tochter vorleben, dass es nicht in Ordnung ist, älter zu werden? Wenn man mit Schönheitsoperationen versucht, das optische Altern aufzuhalten, kriegt das so was Verzweifeltes. Das ist nicht das richtige Signal.
Haben Sie ein positives Vorbild?
Mit Anfang 20 habe ich den Film "La Femme Fardée" mit Jeanne Moreau gedreht. Samstags hat sie uns jüngere Kollegen zum Pétanque-Spielen auf den Dorfplatz eingeladen. Sie trug dabei ein Flatterkleid und war ganz frei und uneitel. So zu altern, das wär's, habe ich damals gedacht. Ja, mich stören Sachen, aber ich werde mich nicht operieren lassen. Sage ich zumindest heute. Und hoffe, dass ich das auch durchhalte.
Was hält Sie jung?
Neugierde. Immer wieder neu anzufangen. Ich bin vor zwei Jahren aus den USA nach Luxemburg zurückgezogen, in einem Anflug von jetzt oder nie. Für meine erwachsenen Kinder war das schwierig. Ich vermisse es zu hören, wie sich Lennon und Luka auf der Terrasse mit ihren Freunden über Politik unterhalten, über Filme oder Musik. Oft sagen mir die Kids, wie hip und cool ich sei, und laden mich ein dabeizusitzen. Dann fühle ich mich selbst wieder wie ein Teenager. Ich finde es toll, dass ich mit meinen Kindern über alles reden kann.
Ihre Kindheit war da anders, oder?
Ich habe damals nicht mit meinen Eltern über meine Sorgen und Nöte gesprochen. Ich wollte sie nicht belasten, weil ich wusste, dass sie selbst genug am Hut hatten: Mein Vater hatte drei Jobs; meine Mutter, deren Familie weit weg in Italien lebte, verdiente als Schneiderin Geld dazu. Ich bin mit dem Rattern ihrer Nähmaschine eingeschlafen. Und mein Bruder war oft krank. Es war sehr schwierig für meine Eltern.
Und wie ging es Ihnen damit?
Das waren andere Zeiten. Wenn man sagte, ich langweile mich, hieß es: „"Arbeite was, dann langweilst du dich auch nicht.“" Und wenn man ausdrückte, dass man traurig ist, hieß es nur: "Wie willst du denn schon wissen, was Traurigsein bedeutet?" Bei meinen Kindern setze ich mich hin und frage, was sie bedrückt und wie ich ihnen helfen kann. Die Zeit hatten meine Eltern nicht. Außerdem wurde bei uns generell nicht intensiv über Gefühle gesprochen, ich hörte nicht: "Ich liebe dich!" Luka und Lennon hingegen kommt der Satz schon zu den Ohren raus. Aber durch zu viel Liebe ist noch niemand auf die schiefe Bahn geraten. Mit meiner Mutter trainiere ich das heute, ich sage: "Komm, Mama, du bist 81, du musst das jetzt mal aussprechen." Dann kommt ein leises "Ich liebe dich" aus dem Telefon. Ich zwinge sie sozusagen zu ihrem Glück.
Als Polizeipsychologin Cathrin in "Der Irland-Krimi" machen Sie alle Probleme mit sich alleine aus. Sind Sie auch im wahren Leben eine Einzelgängerin?
Früher schon. Ich war nie ein Cliquenmensch. Stattdessen habe ich ein Buch nach dem anderen gelesen, still den Erwachsenen zugehört oder mir, vielleicht zu viele, Gedanken über das Leben gemacht. Ich weiß noch, dass wir auf die Kirmes gegangen sind und meine Oma mich aufs Karussell setzen wollte. Da habe ich sie erstaunt gefragt: "Findest du das gut? Ich laufe lieber drum herum." Ich habe nicht darunter gelitten, anders zu sein als andere Kinder. Ich bin auch heute noch jemand, der gut zwei Wochen alleine sein kann. Partys, Empfänge, rote Teppiche sind mir ein Gräuel. Bei Small Talk verstumme ich.
Inzwischen scheinen Sie keine Einzelgängerin mehr zu sein. Auf Instagram haben Sie zu einem Foto Ihrer Hochzeit, auf dem Sie von Ihren Freundinnen umringt werden, geschrieben: "I’ve got all my sisters with me."
Ja. Mich gäbe es nicht mehr ohne meine Freundinnen! Jede von ihnen ist auf ihre Art wertvoll für mich. Meinen 50. habe ich mit 20 Mädels in Marokko gefeiert. Das sind tolle Frauen. Sie sind mein Anker. Wir halten zusammen; zwischen uns gibt es keine Stutenbissigkeit. Wir verstehen uns mit ganz vielen Worten, aber genauso gut auch ohne Worte.
Wie gut sind Sie heute in der Kunst des Müßiggangs?
Man muss mal aus der Suppe aussteigen und in den Teller schauen – das habe ich mir antrainiert. Eine Art inneren Frieden habe ich schon mit etwa 45 Jahren gefunden. Da fielen gewisse Dinge von mir ab: dieses Rasen durch die Welt, das Um-sich-selbst-Drehen, das "Was haste, was biste?". Wir müssen mal innehalten, die Zeit anhalten; das ist in unserer Gesellschaft verloren gegangen. Neulich habe ich eine Doku mit einem 60-Jährigen gesehen, der sagte: Wenn ich Glück habe, erlebe ich noch 20 gute Sommer. Das hat mich nachdenklich gemacht. Wir vergessen oft, dass wir nur dieses eine Leben haben!
Was steht auf Ihrer Bucket List?
Ich möchte irgendwann grauhaarig auf einer Bank sitzen, hoffentlich mit Enkeln, denen ich weitergeben kann, was ich im Leben gelernt habe. Ich freue mich so darauf, irgendwann Oma zu werden! Ich würde jederzeit babysitten. Kinder machen einen zu einem besseren Menschen. Wenn ich ein Drehbuch lese, frage ich mich immer: Würde ich wollen, dass meine Kinder mich in der Rolle sehen? Wenn nicht, sage ich ab.
Sind Ihre Kinder stolz auf Sie?
Sie haben lange nicht gewusst, was ich beruflich mache. Es war mir wichtig, sie in den USA großzuziehen, fernab vom Rummel um meine Person. Im Kindergarten hat mein Sohn auf die Frage nach meinem Job mal gesagt: „"Ich glaube, meine Mama sagt: ,Guten Abend, meine Damen und Herren!'" Und als meine Tochter mal auf ein Video vom Grand Prix von 1984 gestoßen ist, bei dem ich die Zuschauer in drei Sprachen begrüßt habe, hat sie ganz entrüstet gesagt: "Mama, du hast mir nie erzählt, dass du Stewardess warst!"
Désirée Nosbusch (geboren 1965 als Tochter einer Italienerin und eines Luxemburgers) begann ihre Karriere beim Radio, später moderierte sie auch dank ihrer Vielsprachigkeit internationale Fernsehshows wie den ESC. Sie drehte Filme und Serien, für "Bad Banks" bekam sie den deutschen Fernsehpreis.
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