Endometriose wird verharmlost und ihre Symptome verkannt, sogar von Ärzten. Doch die Beschwerden in der Gebärmutter können das Leben zur Qual machen. Der Film "nicht die regel" soll der Krankheit mehr Aufmerksamkeit geben.
Endometriose und ihre Symptome
Kaum erträgliche Schmerzen in der Gebärmutter, Krämpfe und starke Blutungen: Über diese Symptome klagen Frauen, die von Endometriose betroffen sind. Auch bei der österreichischen Filmproduzentin Ranya Schauenstein wurde Endometriose diagnostiziert. "Vor der OP hatte ich Unterleibskrämpfe bis zum Erbrechen, weil ich vor Schmerzen zusammengeklappt bin. Das war ein unvergleichlicher Schmerz. Nach einer Blutung hatte ich tagelang das Gefühl, ich hätte einen Muskelkater, weil sich meine Gebärmutter so verkrampft hat" schreibt sie in der "Wienerin".
Endometriose ist ein weit verbreitetes Frauen-Leiden, das aber oft nicht erkannt wird. Dabei siedeln sich außerhalb der Gebärmutter Schleimhautzellen (Endometrium) an. Diese Wucherungen sind zwar gutartig, haben aber oft schwerwiegende Folgen: verklebte Eileiter, Verwachsungen im Bauchraum, Schäden an Darm, Blase und Gebärmutter, blutgefüllte Zysten, Entzündungen und Vernarbungen. Da die versprengten Zellen auf Östrogen reagieren, quälen sich die Betroffenen mit Schmerzen, die sie häufig arbeits- und bewegungsunfähig machen.
Lies auch: Endometriose und Schwangerschaft – Wie kann das klappen?
Das Schweigen über Endometriose brechen
Aus der Motivation heraus, dem Thema Endometriose mehr Aufmerksamkeit zu verleihen, produziert Ranya Schauenstein gemeinsam mit weiteren Betroffenen einen Film über die Krankheit. Über Social Media startete sie einen Aufruf, um Frauen zu finden, welche dieselben Erfahrungen machen mussten wie sie. "nicht die regel" – so heißt der Dokumentarfilm – wurde schließlich von acht Frauen produziert, die an Endometriose leiden und soll sogar in den Kinos gezeigt werden.
Drei Frauen berichten in "nicht die regel" von ihrem Leben mit Endometriose. Sie erzählen von Symptomen, Diagnose-Erfahrungen, Therapien und Operationen. "Trotz der hohen Anzahl Betroffener herrscht viel Unwissenheit über die chronische Krankheit, sowohl in der Gesellschaft als auch unter Ärzt*innen. Der Film geht auf die fünf am weitesten verbreiteten Mythen ein und lässt Expert*innen aus verschiedenen relevanten Fachbereichen zu Wort kommen", beschreiben die Macherinnen ihr Projekt auf der Crowdfunding-Plattform "Startnext".
Auch die US-amerikanische Schauspielerin Lena Dunham machte ihre Endometriose-Erfahrung bereits öffentlich und gilt damit quasi als Vorreiterin. Mehr als zehn Jahre lang erlebte die bekannte Autorin und Drehbuchautorin aus den USA ein Martyrium. Jeden Monat litt sie unter Schmerzen in der Gebärmutter, die kaum zu ertragen waren. Zum Schluss waren die Beschwerden so schlimm, dass "menschliche Stimmen um mich herum zu wirren Geräuschen wurden, wie der Singsang der Teletubbies", schreibt sie in einem Artikel, der in der amerikanischen Vogue veröffentlicht wurde Dunham wollte lieber auf die Möglichkeit verzichten, selbst Kinder zu gebären, als die Schmerzen weiter zu ertragen. Die Ärzte bestätigten, dass die Entscheidung richtig war - es war bereits Blut in den Bauchraum gelaufen.
Die erklärte Feministin entschied sich deshalb, mit ihrer sehr persönlichen Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, um das oft nicht erkannte Leiden bekannter zu machen und anderen betroffenen Frauen Mut zu machen – auch, wenn es nicht einfach sei. "Ich heile wie eine Heldin", schrieb Dunham. Zumindest ihr Körper sei auf einem guten Weg, auch wenn die Seele wohl noch länger brauche.
Hintergrund: Wie Endometriose entsteht
Jede zehnte Frau in Deutschland ist betroffen. Trotzdem wird die (nach Myomen) zweithäufigste gutartige gynäkologische Erkrankung eher verharmlost. Fatal, denn eine Endometriose ist – ebenso wie PCOS – eine chronische Erkrankung. Erst wenn mit den Wechseljahren der Östrogenspiegel sinkt, können Betroffene auf Linderung hoffen – vorausgesetzt, die wandernden Zellen haben bis dahin nicht zu viele Schäden angerichtet. Noch ist unklar, warum sich Gewebe an Stellen festsetzt, an die es nicht gehört. "Stress ist keine Ursache, auch wenn er oft genannt wird. Aber die Krämpfe werden subjektiv schlimmer empfunden, wenn man angespannt ist", sagt Professor Sylvia Mechsner, Leiterin des Endometriosezentrums der Berliner Charité.
Neuerdings vermuten Forscher, dass durch Kontraktionen Mikrotraumen in der Übergangszone von Gebärmutterschleimhaut und Muskelschicht entstehen und sich Stammzellen lösen. Diese werden durch eine rückläufige Menstruation in den Bauchraum verschleppt und entwickeln sich dort zu Endometriumzellen. "Zusätzlich spielen Veränderungen im Immunsystem eine Rolle. Es toleriert die ortsfremden Zellen, sonst könnten sie sich nicht ausbreiten", sagt Mechsner. So neigen viele Betroffene auch zu Autoimmunerkrankungen wie Allergien, Asthma und Fibromyalgie. Die Gefahr: Dauern die Beschwerden zu lange an, werden sie chronisch. Deshalb sollte so früh und konsequent wie möglich behandelt werden.
Frühe Wechseljahre können hart sein. Nicht nur die richtige Therapie kann helfen, auch ein positiver Umgang damit hilft.
Sylvia Mechsner rät daher, bei Beschwerden selbst aktiv zu werden. "Ein Regelschmerz, der zu Arbeitsunfähigkeit und Bettlägerigkeit führt, ist nicht normal und muss abgeklärt werden“, betont sie. Ein Warnsignal sind Unterbauchschmerzen eine Woche vor und nach der Regel. Und alle Beschwerden, die zyklusabhängig auftreten, auch Blut in Urin oder Stuhl, Magenprobleme und sogar Schulterschmerzen (die können auf eine Zwerchfell-Endometriose hinweisen). Schmerzen beim Wasserlassen, Stuhlgang oder Sex, im Rücken oder in den Beinen und ungewollte Kinderlosigkeit können Symptome einer Endometriose sein, ebenso wie chronische Unterleibsschmerzen und Darmprobleme. Wer schon als junges Mädchen unter Dysmenorrhö gelitten hat, sollte besonders aufmerksam sein. Auf jeden Fall sollten Frauen eine zweite Meinung einholen, wenn sie sich vom Arzt nicht ernst genommen fühlen. Oder am besten gleich einen Termin in einem zertifizierten Endometriosezentrum machen.
Was bei Endometriose hilft
Wichtig sind eine ausführliche Anamnese und eine gründliche Tastuntersuchung. Per Ultraschall kann der Arzt die Gebärmutter begutachten und Eierstock-Zysten ausschließen. Sind die Organe im Unterleib frei beweglich, deutet das darauf hin, dass es noch nicht zu Verwachsungen gekommen ist. Dann reicht oft eine durchgängige Hormontherapie mit reinen Gestagenen wie Dienogest oder einer Pille, um den Östrogenspiegel abzusenken und Blutungen zu verhindern. Während viele Frauen die Pille gut vertragen, kommt es bei anderen Hormontherapien häufig zu Beschwerden wie in den Wechseljahren.
Lies auch:
- Impostor-Syndrom - wie man das Hochstapler-Phänomen überwinden kann
- Stress mindern – Entspannung muss trainiert werden!
- Sich selbst beruhigen – so geht das!
- Depressionen vor Periode: Was tun bei PMDS?
- Mönchspfeffer bei Regelschmerzen: Was kann die Heilpflanze wirklich?
Dauern die Beschwerden an, führt kein Weg an einer Bauchspiegelung vorbei. Durchs Endoskop können auch gleich Wucherungen entfernt werden, wobei die Gebärmutter möglichst erhalten wird. Reicht das nicht aus, bleibt nur eine größere Bauch-OP und eine anschließende Hormontherapie, um neues Wachstum zu verhindern. Dass die Beschwerden aber trotz Behandlung oft nicht zum Stillstand kommen, ist selbst vielen Ärzten nicht bewusst.
Jede Patientin muss deshalb ihren eigenen Weg zusätzlich zur Schulmedizin finden. Schmerzlindernde, entkrampfende Kräutertees (z. B. Melisse), Massagen oder Wärme. Experten verordnen Gymnastik und Osteopathie gegen Verspannungen im Beckenboden oder Akupunktur. Und sie unterstützen Patientinnen dabei, ihre Ernährung umzustellen, möglichst Sport zu treiben und vor allem Stress abzubauen – alles Maßnahmen, die zu einer multimodalen Schmerztherapie dazugehören. "Jede Frau braucht eine ganz individuelle Langzeitstrategie", sagt Sylvia Mechsner, "und die sollte sie auch einfordern."
Noch mehr Texte von unserer Autorin Monika Murphy-Witt, u.a. über Gesundheit, Lebensfreude und Zufriedenheit im Alter lest Ihr auf ihrem Blog Lucky Aging.
Infos sowie Adressen von zertifizierten Endometriosezentren und Selbsthilfegruppen gibt es bei der Endometriose-Vereinigung Deutschland e. V. unter endometriose-vereinigung.de
Martina Liel schreibt einen Selbsterfahrungsblog unter endobay.de