Biyon Kattilathu ist Motivationstrainer, hat über eine halbe Million Social Media Fans und schreibt sehr erfolgreich Bücher. Wir haben mit ihm über Besinnung und den Boom des positiven Mindsettings gesprochen.
1. Dein Buch "Der Rikscha-Fahrer, der das Glück verschenkt" stieg sofort nach Erscheinen auf Platz 4 der Spiegel-Bestsellerliste ein. Warum erlebt das positive Mindsetting einen solchen Boom?
Ich glaube, die Menschen haben sich schon sehr lange dafür interessiert bzw. sich nach Antworten auf viele Fragen ihres Lebens gesehnt. Was vielleicht nicht da war, waren Menschen, die bereit waren Antworten zu geben. Ich freue mich sehr, dass so viele Menschen nun offen sind für Dinge, die sie glücklich machen können. Ich sehe das nicht als Trend, sondern ich bin überzeugt davon, dass viel mehr Menschen anfangen sich selbst als "Human Being" und nicht mehr als "Human Doing", das immer zu funktionieren hat, zu sehen.
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2. Wie motivierst du dich selbst, wenn du einen Durchhänger hast?
Die Lösung für Motivation steckt ja in dem Wort selbst: "Motiv". Also was ist mein Motiv oder anders ausgedrückt mein "Warum" etwas zu tun. Ich frage mich eigentlich ständig, warum ich bestimmte Dinge tun sollte und bestimmte Dinge lassen sollte. Und wenn ich einen richtigen Durchhänger habe, dann lasse ich ihn einfach zu und mache gar nichts. Weil auch jeder Durchhänger möchte mir schließlich etwas sagen. Vielleicht lautet die Botschaft: "Schlaf mehr", "Trink mehr" oder "Geh mal wieder in den Wald spazieren".
3. Viele suchen Auswege aus dem Stress. Wie kriegen wir es hin, wieder gelassener zu werden?
Ich bin ein großer Fan davon, nach Ursachen und nicht nach Wirkungen zu schauen. Also eine Salbe kann einen Juckreiz vielleicht temporär lindern, aber vielleicht ist die Ursache Sorge oder eine schlechte Ernährung. Insofern sollten wir viel bewusster schauen, was uns wirklich beschäftigt, was voraussetzt, dass wir all unsere Gefühle zulassen. Ein erster guter Schritt ist stets nicht mehr anderen gerecht werden zu wollen, sondern der wichtigsten Person: sich selbst.
4. Deine SOS-Tipps für Menschen, die sich ausgebrannt fühlen?
Ruhe bewahren. Vertrauen haben, dass die Antwort in ihnen liegt. Sich anderen Menschen anvertrauen. Geduld haben und liebevoll mit sich zu sprechen. Am besten so wie mit einer Person, die man über alles liebt.
5. Wie können wir jahrelang verinnerlichte Glaubenssätze wieder loswerden? Du schreibst in deinem Buch "Bei diesen Worten muss ich an meinen Vater denken, der das Beste für uns wollte, aber mir bei jeder Träne, die mir als Kind kam, den Satz 'Sei kein Mädchen!' an den Kopf warf. Nicht nur mein Frauenbild war durch solche Sätze lange Zeit verzerrt, sondern es fiel mir auch schwer, ein vernünftiges Bild von mir selbst zu entwickeln."
Als erstes müssen wir erkennen, dass wir selbst diese Glaubenssätze kreiert haben. Keiner von uns ist beispielsweise schüchtern auf die Welt gekommen. Die meisten Glaubenssätze rühren aus negativen Erfahrungen und dienen fortan als Selbstschutz.
Wenn wir merken, dass uns ein Glaubenssatz nicht gut tut, dann sollten wir ihn als das sehen, was er ist: Ein von uns erschaffenes Hindernis, was uns im Weg steht.
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Und dann sollten wir mit Geduld und Spaß uns selbst davon überzeugen, dass viel mehr in uns steckt als wir uns im Augenblick vielleicht zutrauen.
6. Unser innerer Kritiker ist oft sehr dominant. Hast du Tipps, ihn verstummen zu lassen?
Verstummen lassen will ich ihn gar nicht. Ich würde ihn einfach motivieren gut mit mir zu sprechen. Oftmals frage ich mich: "Würde ich anderen Personen erlauben so mit mir zu sprechen wie ich mit mir selbst spreche?" Die Antwort lautet oftmals: Nein! Und dann fange ich wieder an gut mit zu sprechen. Sprechen müssen wir sowieso mit uns. Wieso dann nicht gleich positiv?!
7. Wie viel Zeit sollte ich jeden Tag in mich selbst investieren? Und wie kann man diese Quality Time gestalten?
So viel Zeit wie man möchte. Ich denke, es geht auch hier mehr um Qualität als um Quantität. Nur Ausreden wie "Ich habe keine Zeit" lasse ich nicht gelten. Denn Zeit "hat" man nicht. Zeit "nimmt" man sich. Und zwar vor allem für die wichtigste Beziehung, die man führt: Die Beziehung zu sich selbst.
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8. Wie können wir aufhören, uns mit anderen zu vergleichen? Schon unser Schulsystem basiert darauf…
Am einfachsten etwas zu tun oder nicht zu tun, ist den Sinn hinter einer Sache zu verstehen. Wenn ich also verstehe, dass Vergleiche mich unglücklich machen, dann höre ich leichter auf mich zu vergleichen. Ich schaue gerne auf andere Menschen, um mich inspirieren zu lassen. Aber ich selbst bin nicht besser oder schlechter im Vergleich zu anderen. "Ich bin gut so wie ich bin." …Diesen Satz sollten wir uns ganz oft selbst sagen.
9. Das von dir im Buch beschriebene "Wenn dann…"-Denken macht genauso unglücklich wie das Vergleichen. Wie durchbrechen wir den Kreislauf, der uns so gefangen hält?
Der Kreislauf hält uns nicht gefangen. Es sind immer wir selbst, die uns gefangen halten. Dieser Gedanke hilft uns schon mal dabei aus der Opferrolle herauszutreten. Ich habe akzeptiert, dass ich nicht "ankommen" werde. Und deswegen versuche ich mich in den Weg zu verlieben. Manchmal fällt es mir schwer, manchmal leichter. Das Leben ist kein Spiel, das ich gewinnen kann. Ich kann es nur spielen. Bestmöglich. Mit allem, was mir zu Verfügung steht.
10. So viele Menschen träumen davon, beruflich etwas anderes zu machen, wissen aber nicht, was. Was rätst du ihnen?
Wann wissen wir, ob etwas gut ist oder Spaß macht? Fast nie, wenn wir darüber nachdenken, sondern ausschließlich dann, wenn wir es probiert haben. Goethe hat bereits gesagt: "Erfolg hat drei Buchstaben: T,U,N". Ich würde so viele Erfahrungen wie möglich sammeln, um herauszufinden, was mir Spaß macht. Das habe ich auch immer getan. Und ich habe besonders darauf geachtet, bei welchen Tätigkeiten ich das Zeitgefühl verliere. Ich wünsche jedem, der diese gerade Zeilen liest, ganz viel Spaß, Mut und Liebe auf diesem Weg.
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