Oft kreisen unsere Gedanken im Alltag um Probleme und negative Gefühle. Um den Geist zu beruhigen, kannst du Rituale wie Journaling, Meditation und Yoga nutzen. Hier sind die Tipps von Autorin und Yogalehrerin Annika Isterling.
Mein Tagebuch aus der Jugend wusste alles: welche Wünsche ich mit zwölf Jahren hatte, was mich traurig machte und in wen ich heimlich verliebt war. Dort konnte ich ungefiltert alles reinschreiben, was mich innerlich und äußerlich auf Trab hielt. Meine Wünsche, Ängste und Träume fanden sich dort wieder.
Klare Gedanken wirken sich positiv auf die Stimmung aus
Was ich damals noch nicht wusste: Journaling ist der beste Weg zu mehr Klarheit in mir. Denn unsere Gedanken und Gefühle versorgen uns den lieben langen Tag mit verschiedenen Stimmungen und Geschichten. Das kann ganz schön einnehmend sein. Manchmal verliert man sich auch in einer der Kopfgeschichten, und dabei verschwindet leider auch oft der Blick auf die Realität. Das Runterschreiben gibt einem wieder den Raum, um die Welt neu darin aufzunehmen. Es ist wie ein befreiendes Loslassen, das für Klarheit sorgt.
Gedankenchaos stoppen: mit Journaling und gezielten Schreibübungen
Ich habe eine Übung von dem spirituellen Lehrer Habib Sadeghi gelernt: Jeden Abend nehme ich mir zwölf Minuten Zeit, um ungefiltert alles aufzuschreiben, was mich geistig und emotional beschäftigt. Im Anschluss verbrenne ich den Zettel, denn Feuer hat eine transformierende Kraft. Man soll das, was man aufgeschrieben hat, nicht durchlesen oder es bei sich behalten (zu belastend!), sondern es komplett abgeben und damit aus der Gedanken- und Gefühlswelt herauslassen. Man kann die Schreibübung auch als Abfallsystem für Emotionen bezeichnen.
Das Ganze soll sogar dabei helfen, Krankheiten, die auf emotionalem Stress beruhen, zu beseitigen. Ich kann bestätigen, dass es mir im Großen und Ganzen viel besser geht, seitdem ich dieses reinigende Ritual praktiziere.
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Wenn es mal einer noch größeren Reinigung bedarf, dann bietet es sich an, mit weißem Salbei zu räuchern, der befreit nicht nur den Geist von belastenden Emotionen, sondern ganze Räume und Gegenstände von schlechten Schwingungen und Energien. Durch die atmosphärische Reinigung wird direkt Platz für Neues geschaffen.
Meditation mit Perlenkette verschafft Erleichterung und Vereinfachung
Klar ist etwas, wenn es nicht ungetrübt ist, sondern hell, rein und durchsichtig. Der Ursprung des Wortes "klar" liegt im Lateinischen "clarus" und bedeutet "hell". Wer schon einmal in Japan war, kann dem Bleichtrend dort kaum entkommen. Japanische Frauen wünschen sich eine klare, helle Haut, und auch wir sind ganz happy, wenn sie zumindest frei von Unreinheiten ist. Regelmäßige Pflege ist der Schlüssel für mehr Reinheit – sowohl im Außen als auch in unserem Kopf. Dort machen sich Zweifel, Ängste und Unsicherheiten schnell wie Unkraut breit und müssen stetig beseitigt werden, um einer Überwucherung zu entgehen.
"Klarheit entsteht, wenn wir uns nicht mehr mit den ständig Schwankungen und Wechseln unterliegenden Gefühlen und Gedanken identifizieren."
Annika IsterlingTweet
Zu viel Denken kann unser Leben kompliziert machen. Wenn wir damit beschäftigt sind, uns Gedanken zu machen, was andere über uns denken, oder wenn wir vergangene Momente erörtern und zu viel grübeln, was sein könnte, dann identifizieren wir uns mit dem, was in unserem Kopf los ist. Klarheit entsteht, wenn wir uns nicht mehr mit den ständig Schwankungen und Wechseln unterliegenden Gefühlen und Gedanken identifizieren.
Klarheit bedeutet auch, sich nicht in Problemen zu verlieren, sondern konkret zu sein. Sie enthält eine Kürze, Verständlichkeit und Einfachheit, die auf unseren Geist und das Nervensystem beruhigende Auswirkungen hat. In der Meditation hilft uns eine Mala (eine Kette, bestehend aus 108 Perlen sowie einer Meru-Perle), die wir Perle für Perle mit unseren Fingern durchgehen und dabei vielleicht sogar ein Mantra innerlich wiederholen. In dem Moment, wo ich komplett mit dem Perlen-Fühlen und innerlichen Rezitieren beschäftigt bin, habe ich keine Kapazität, um irgendetwas anderes zu denken. Das schafft Erleichterung und Vereinfachung.
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Gedacht wird im Kopf: Kopfmassagen helfen gegen das Gedankenchaos
Für Extraklarheit im Kopf kann auch eine Kopfmassage sorgen. Durch diese wird unsere Durchblutung angeregt, und die Zellen werden wieder mit mehr Sauerstoff versorgt. Der Frischekick bringt Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit. Der Kopf wird frei, und der Druck, der auf uns lastet, kann besser verschwinden.
Auch Tarotkarten können helfen, eine neue Sicht auf die Dinge zu bekommen und die eigene Intuition zu stärken. Neben dem klassischen Tarotkartendeck gibt es mittlerweile auch viele andere hübsche Orakelkarten mit Impulsen durch Worte und Bilder. Das Auswählen und Auslegen der Karten hilft dabei, Antworten auf die vielen kleinen und großen Fragen des Lebens zu finden. Dabei werden besonders die eigene Intuition und das Unbewusste angeregt, um Lösungen und Klarheit zu finden.
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Klare Gedanken bringen uns ins Handeln. Man lässt Worten Taten folgen
Wer klar ist, hat keine Probleme damit, seine Bedürfnisse auszudrücken, genauso wie seine Unvollkommenheit und Missgeschicke. Klarheit im Handeln bedeutet, sich nicht in "vielleicht", "könnte" und "müsste" zu verlieren, sondern ohne Umschweife ins Tun zu kommen. Man lässt seinen Worten Taten folgen.
Im Yoga bezeichnet dies die Fähigkeit zu vernünftigem und nüchternem Denken. Das zeigt sich immer dann, wenn ich etwas unvoreingenommen und wertfrei wahrnehmen kann. Es bedeutet aber nicht, den Schwankungen des Geistes zu folgen, sondern eher, dass wir Menschen, Objekte und Situationen ohne die Wertung aus vorher gesammelten Erfahrungen wahrhaftig und klar sehen. Der Kopfstand (Achtung, nur für fortgeschrittene Yogis!) soll übrigens auch dabei helfen, eine klare, neue Sicht auf die Dinge zu bekommen. Das simple Auf-den-Kopf-Stellen einer Situation kann neue Impulse und Sichtweisen zu einem Thema geben.
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