Wenn schon Lockdown, dann nutzen wir die Zeit wenigstens für uns. Das dachten sich die Schwestern Jasmin und Josephine Jeß von "Prana Up Your Life". Sie sind auf Kreta bewusst in Quarantäne gegangen - und lernten dabei viel über innere Freiheit.
Zu Beginn der Corona-Krise kam die Idee: Ab nach Kreta!
März 2020. Ich sitze in meiner kleinen Stadtwohnung in Hamburg, 30 qm umgeben mich und meinen Laptop: Angela Merkel sagte gerade in ihrer Ansprache, dass Ausgangsbeschränkungen verhängt werden – bundesweit. Ich schaute mich um, schnappte mir mein Handy und rief meine Schwester und Partnerin in Crime Jasmin an. Keine 5 Minuten später stand der Plan: Wir wollten noch vor dem Lockdown nach Kreta – dort wartete unser zweites Zuhause, ein Haus mit 55 Olivenbäumen und Blick aufs Meer. Bis zum Abflug hieß es zittern, ob der Plan funktioniert, unsere Gedanken kreisten darum, ob wir überhaupt aus dem Land kommen – irgendwie ungewohnte Gedanken für uns, die noch nie eine wirkliche Krise in Deutschland miterlebt haben und für die die Freiheit fast selbstverständlich war.
Eine Zeit, um Freiheit neu zu interpretieren
Freiheit. In meiner Arbeit beschäftige ich mich viel mit emotionaler Freiheit, was bedeutet, sich von anderen frei zu machen, loszulassen von den Erwartungen Anderer und innere Freiheit genießen. Doch auf einmal kam etwas anderes auf uns zu - eine Hilflosigkeit gegenüber etwas Größerem, was uns kontrolliert und damit meine ich nicht das Universum. Auf einmal bekam Moksha (im Sanskrit das Wort für emotionale Freiheit) eine ganz andere Bedeutung und ich nahm mir vor, die Zeit auf Kreta zu nutzen, um dem Wert Freiheit eine ganz andere und neue Bedeutung zuzuschreiben.
Auch spannend: Durch die Krise neue Kraftorte finden
Aus zwei Wochen wurden drei Monate
Zurück zum Flughafen in Hamburg. Wir hatten Glück. Ein paar Tage nach der Ansprache Merkels saßen wir als Familie mit Bruno – unserem Zwergpudel – im Flugzeug, die Kontrolleurin sagte noch: "Sie sind ja mutig. So schnell sehen wir Sie ja nicht wieder." Wir nickten und waren trotzdem der Meinung, dass wir in zwei bis drei Wochen wieder zurückfliegen würden. Daraus wurden unerwartet die drei schönsten Monate, die ich mir hätte vorstellen können. Freiheit bekam eine neue Dimension. Trotz 14-tägiger Quarantäne kam kein Gefühl der Einschränkung auf - wir wurden durch die Locals mit Lebensmitteln versorgt, gingen auf unserem Grundstück spazieren und bauten für Bruno Hindernisse im Garten auf.

Hinter "Prana Up Your Life" stecken die Schwestern Jasmin und Josephine Jeß. Als Trainerinnen und Autorinnen beschäftigfen sie sich mit den Themen Achtsamkeit, Yoga und Ayurvedische Ernährung. Sie bieten Workshops und Online-Kurse an, schreiben Ratgeber und haben einen eigenen Podcast. Immer wieder laden sie auch zu Retreats in ihrem Haus auf Kreta ein. Infos unter www.villapsilicrete.com und www.pranaupyourlife.de.
Auf einmal waren wir die "Crete Escape Group", fünf Erwachsene, die ihr Online-Business von überall aus leiten können. Die Zeit war für uns ein Geschenk, beruflich, aber auch privat. Die Verbindung zur Natur und die wenige Ablenkung haben uns letztendlich so befreit, dass wir vor allem dies – Moksha – weitergeben konnten. In unserer Arbeit als Online-Coaches für Ayurveda und Achtsamkeit war es ein unglaubliches Geschenk für uns und für unsere Kunden. Das PRANA - die Lebensenergie, welche wir selbst gesammelt haben, konnten wir ungefiltert weitergeben.
Quarantäne: Das Beste draus machen
Das wahre Slow-Erlebnis brachte uns in den Flow. Als ich in unsere "Crete Escape Group" fragte, welche Worte sie mit der Zeit verbinden, kamen diese Antworten:
- Freiheit, vor allem die innere.
- Verbindung, zu sich und der Natur.
- Akzeptanz, dass die Situation nun eben so ist, wie sie ist und wir sie nicht verändern können.
- Präsenz, tatsächlich den Moment zu genießen ohne zu planen und sich weniger mit den Dingen zu beschäftigen, die hätten sein können.
- Abschalten, einfach da sein und sich auf die Einfachheit einstellen.
- Runterkommen und die Natur wirken lassen.
Worte, die eine ganz besondere Corona-Zeit beschreiben.
Eine Pause, die wir uns sonst nicht gegönnt hätten
Es war eine Zwangspause für mich, für uns alle, die ich mir so wohl nie gegönnt hätte. In Gesprächen zurück in Deutschland waren wir wohl nicht die Einzigen, die das so gesehen haben. Trotz Krise ist es möglich, Chancen und Geschenke zu sehen. Es ist spannend, wie unser Mindset mit dem “Sense of Influence” zusammenhängt - vor allem, wie sich das subjektiv auf unser eigenes Empfinden auswirkt. Doch ist das Außen nicht beeinflussbar, so dürfen wir unser Inneres beeinflussen. Freiheit hat für mich in den letzten Monaten eine neue Bedeutung gewonnen, Moksha darf in jeder Lebenssituation ein Teil sein und gerade dann, wenn sie im Außen einfach nicht möglich ist.
Die erlebte Freiheit in den Alltag bringen
Zurück im Alltag fällt es schwer, wieder diese Freiheit und Leichtigkeit, wie auf Kreta zu spüren, zu leben. Vor Ort war es ganz einfach - wenig Ablenkung, Einfachheit, Natur, Sonne und schon fühlt man sich frei. Nun heißt es hier, die Freiheit Schritt für Schritt in den Alltag zurückzubringen, die Ablenkung und die Komplexität des Lebens in Deutschland zu minimieren, sich selbst und die Dinge, die emotionale Freiheit generieren, zu maximieren.
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Die Ablenkung, der Vergleich mit anderen und die Energien von Außen schränken meine innere Freiheit so schnell ein, dass ich das in den Wochen nach meiner Rückkehr gar nicht mitbekommen habe. Ich habe es wieder zugelassen, mich von Außen leiten zu lassen, doch damit ist Schluss!
In diesem Moment entscheide ich mich einfach wieder für Freiheit, gehe morgens an der Alster laufen, reconnecte mit der Natur, spüre meinen Körper, wie ich atme und stelle mir dann manchmal heimlich vor, wie ich ins Meer eintauche. Wie das kühle Wasser des lybischen Meeres mich umhüllt, meinen Körper prickelnd aufweckt und mir Klarheit und Fokus schenkt. Wie ich es jeden Morgen auf Kreta tat. Es funktioniert. Moksha ist möglich, in meinem Kopf und egal wo ich bin, kann ich immer für innere Freiheit sorgen. Auch wenn das Außen mir keinen Grund dafür gibt. Ich darf mich nur dazu entscheiden.